Aktuelle Themen

Zum Beispiel der Fall Prinzessin Kate …

Warum die Themen „Bildwahrnehmung“ und ebenso „Bildüberprüfung“ für den Schulunterricht so wichtig geworden sind.

Im März 2024 veröffentlichte Kate Middleton, Mitglied der britischen Königsfamilie, ein Foto. Auf dem Bild ist sie mit ihren Kindern zu sehen und nach Einschätzung der Tagesschau wollte sie mit der Veröffentlichung vor allem Gerüchte über ihren Gesundheitszustand zerstreuen. Über das Foto berichteten anschließend fast alle großen Newsmedien. Allerdings nicht, weil es besonders schön, besonders hässlich oder sonst besonders interessant ist. Der Grund für die große mediale Aufmerksamkeit war, dass Teile des Bildes manipuliert sind.

Wenn Sie sich die linke Hand von Prinzessin Charlotte genauer ansehen, ist dort ein roter Fleck zu erkennen (1). Möglicherweise hatte der Arm auf der Originaldarstellung eine andere Position und bei der Manipulation des Bildes ist ein Teil der roten Strickjacke an der falschen Stelle zurückgeblieben. Auch bei den Stufen unten links im Bild können Sie eine Unregelmäßigkeit entdecken (2). sieht es aus, als wäre ein zweites Bild teils über das Originalbild gelegt, aber nicht richtig ausgerichtet worden, wodurch eine Doppelkante entstanden ist. Eine ähnliche Verschiebung ist an Kates Jacke (3) und Charlottes Rock zu sehen (4). Das Bild enthält noch weitere Bearbeitungen und Unstimmigkeiten (wie: Kate trägt keinen Ehering), die unter anderem in Artikeln der TAZ und des Stern beschrieben werden.

Wir meinen: Das Bild eignet sich bestens für ein kleines Quiz im Schulunterricht, um die Bildwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler zu schärfen.

Damit sind wir beim Thema „Bildüberprüfung“, ein Kernthema des Lehr-/Lernprogramms „Fit for news“.

Die Manipulation von Bildern durch Bildbearbeitungs-Software besprechen wir in Einheit 8 unseres Lehrprogramms. Dort zeigen wir auch die Bildmanipulation des Militärs im Irak (siehe oben). Übrigens: Diese manipulative Bildmontage wurde erst bemerkt, nachdem das gefälschte Bild bereits von vielen Newsmedien weltweit veröffentlicht worden war.

Genauso ist das Foto von Prinzessin Kate von renommierten Medien weltweit verbreitet worden, ehe die Manipulation von einer US-amerikanischen News-Agentur entdeckt wurde. Für Fotoagenturen gilt das Prinzip, keine manipulierten Fotos zu verbreiten.  Es passiert dennoch, weil die Redaktionen nicht richtig hinsehen. Allein daran können Sie sehen, wie aufmerksam man heute sein sollte, wenn es um die Authentizität bildlicher Darstellungen geht.

Dabei haben wir es hier mit einer harmlosen Variante der Bildmanipulation zu tun. Der offizielle X-Account von Prinzessin Kate und Prinz William erklärte die Manipulation mit unschuldigem „Herumexperimentieren“ bei der Fotobearbeitung.

In der Welt der Wirtschaft und der internationalen Politik geht es indessen nicht nur um ein paar Retuschen auf einem Familienfoto. Heute steht die Bildmanipulation häufig im Dienst von Desinformationskampagnen, wie wir sie derzeit besonders oft in den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Gaza-Streifen beobachten.

Aber auch innenpolitisch dienen Bildfälschungen, um im Publikum Emotionen zu wecken und Meinungen zu prägen. Zum Beispiel die Bildmontage unten (KI-erzeugtes Bild 1). Dieses wurde von einem AFD-Fraktionsvorsitzenden über Instagram verbreitet und hier wird ganz gezielt manipuliert: Wer bereits glaubt, Deutschland nehme zu viele geflüchtete Menschen auf, wird in seiner Meinung bestätigt. Und wer es noch nicht glaubt, soll durch den aggressiven Ausdruck der Gesichter zum Umdenken bewogen werden.

Diese und viele andere Beispiele zeigen zwei Dinge ganz deutlich:

Erstens hat sich die Bildmanipulation innerhalb der letzten 20 Jahre von einer Aufgabe für Photoshop-Profis zu einem alltäglichen Werkzeug im Umgang mit Bildmaterial verändert. Von Instagram-Filtern über Smartphones mit vorinstallierten Bildbearbeitungstools (Google Pixel, iPhone…) bis hin zu KI-basierten Bildgeneratoren: Manipulationen von Bildmaterial, selbst dreiste Bildlügen finden viel öfter statt als die meisten Mediennutzer meinen.   

Wir können uns also, zweitens, nicht blind auf die Authentizität von Nachrichtenbildern verlassen. Selbst dann nicht, wenn sie von seriösen Newsmedien verbreitet werden, die jede Bildmanipulation ächten. Die von den Schülerinnen und Schülern einzuübende Regel lautet deshalb: Sieh dir das Foto genau an, vergleiche es mit dem Bildtext – und bleibe skeptisch!   

Beide Punkte laufen auf ein klares Fazit hinaus: In den Schulen sollten die Schülerinnen und Schüler lernen, ihre Bildwahrnehmung ganz allgemein zu schärfen. Denn gerade Jugendliche „springen“ auf Bilder und halten das, was ihnen gefällt, meistens auch für wahr. Aber auch Erwachsene haben hier Probleme. Studien zum Thema zeigen, dass viele Menschen verändertes Bildmaterial nicht erkennen. Laut einer Studie von 2017 konnten nur rund 45 Prozent der Probanden Manipulationen in einem Bild korrekt verorten. Dieser Test fand in einer Zeit statt, als es noch keine KI-gestützten Bildgeneratoren gab, die sekundenschnell komplette Bilder erstellen.

Gefälschte und manipulierte Bilder verbreiten sich vor allem in den sozialen Medien. Auf den Plattformen und Blogs gibt es keine Prüfinstanzen wie in den Redaktionen der Newsmedien und der TV-Sender. Wir glauben deshalb, dass die Bildanalyse-Kompetenz besonders für junge Menschen entscheidend ist.

Mit den genannten Lehreinheiten und Selbstlernkursen haben Sie einen Werkzeugkasten, mit dem Ihre Schülerinnen und Schüler praxisnah den bewussten Umgang mit Bildern trainieren sowie Strategien zur Erkennung und Überprüfung manipulierter Bilder anwenden können.

Für den Unterricht bieten wir mit der Einheit 8 ein zweiteiliges Konzept an: Im ersten Teil ist die eigene Bildwahrnehmung das Thema, daran anschließend werden verschiedene Arten von Bildfälschungen besprochen. In der zweiten Einheit lernen und testen die Schülerinnen und Schüler Strategien zur Bildüberprüfung wie auch den Umgang mit KI-generierten Kunstbildern.

Zudem steht Ihnen der Onlinekurs „Bildüberprüfung“  zur Verfügung, der dieselbe Thematik in Form eines Selbstlern-Tools vermittelt. Die Schülerinnen und Schülern können ihn zum Selbststudium auf ihren Smartphones nutzen. Somit steht den Lehrkräften ein hybrides Lernprogramm zur Verfügung: Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich das Thema eigenständig; im Unterricht wird es anhand der Lehreinheiten mit ihren Arbeits- und Übungsblättern vertieft und für den Umgang mit Bildern in den Social Media trainiert.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Entdecken und Verwenden dieser Lehr-/Lerntools.

 

Stephan Gert, Michael Haller, Stefan Möck

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